Sprachbetrachtung: heimlich

12. Juli 2018


Der «Blick» hat es getan, er hat wieder einmal meine Lieblingsformulierung der Boulevardpresse benützt: Es ist weder der Bagger-Löli, der öffentliche Infrastruktur niederreisst oder das frustrierte «Jetzt rede ich», sondern: «Das Liebesglück ist perfekt! Lara Gut und Valon Berahmi haben sich heimlich und im Familienkreis das Ja-Wort gegeben.» Was gilt jetzt, haben sie heimlich oder im trauten Familienkreise geheiratet? Grundsätzlich bedeutet heimliche Heirat nichts anderes, als dass die Boulevardpresse nicht dazu eingeladen wurde und – wie empörend – die Prominenten auch keine Medienmitteilung dazu verschickt haben.

Nicht besser wird der Begriff der heimlichen Heirat mit Blick (nicht der Zeitung) ins Wörterbuch: So definiert der Duden: «(aus Scheu vor Blossstellung oder weil man ein Verbot umgehen will) vor andern verborgen; so unauffällig, dass andere nicht merken, was geschieht». Letzteres dürfte ja wohl zutreffend sein. Bei einer Heirat im Familienkreis wurde ja wohl kaum ein Verbot umgangen, wenn auch Valon Behrami sich erst vor wenigen Monaten von seiner ersten Frau getrennt hat. Die Synonyme überführen die Regenbogenpresse einmal noch eindeutiger des fahrlässigen Sprachgebrauchs: «bei Nacht und Nebel, geheim, hinter den Kulissen, hinter jemandes Rücken, im Geheimen/Stillen/Verborgenen, in aller Stille, insgeheim, stillschweigend, still (und leise), unauffällig, unbemerkt, unbeobachtet, unerkannt, ungesehen, unter der Hand, verborgen, versteckt, verstohlen; (bildungssprachlich) diskret, klandestin; (umgangssprachlich) hintenherum, klammheimlich, schwarz». Zumindest Lara Gut hat nicht schwarz geheiratet, denn sie trägt auf ihrem auf Instagram veröffentlichten Foto ein weisses Kleid.

Dennoch: betrachtet man den Begriff der heimlichen Heirat mit Blick auf seine Herkunft, kommt man auf eine sprachliche Finesse, die der «Blick» kaum angewendet hat: Die veraltete zweite Bedeutung steht für heimelig. Der Duden meint: «mittelhochdeutsch heim(e)lich = vertraut; einheimisch; vertraulich, geheim; verborgen, althochdeutsch heimilih = zum Hause gehörend, vertraut, zu Heim». Das Tessiner-Liebespaar hat in Lugano geheiratet, also durchaus einheimisch. Und im Familienkreise impliziert, dass Lara Gut und Valon Berahmi mit zu ihrem Haus gehörenden Leuten geheiratet haben. Davon ausgehend, dass die Familie zum neugegründeten Haus gehört, der «Blick» aber nicht, so ist die Formulierung der heimlichen Hochzeit weder besser noch intelligenter, semantisch aber richtig. Nur dumm, dass der «Blick» die sprachliche Richtigkeit mit der Doppelung heimlich und im Familienkreis gleich wieder aufhebt.


 

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